Glas ist immer zerbrechlich und dennoch schwer und massiv, wenn es in großen Mengen verwendet wird. Die Vielseitigkeit im Umgang mit dem Werkstoff lässt eine Festlegung auf nur eine Eigenschaft nicht zu. Glas ist wie ein Prisma: Ein Werkstoff wird aufgefächert in facettenreiche Erscheinungsformen. Es wird zu farbigen Kuben geschmolzen oder mit Luft gefüllt. Glas ist wie zähe Farbe, die durch anspruchsvolle Temperaturregulierungen zur Erhärtung kommt. Brennkurven werden exakt auf Material und Masse abgestimmt, um es formbar zu machen. Nach tage- oder wochenlangem Abkühlen zeigt sich erst die finale Form und Farbe. Oft evoziert Glas ein gespanntes Lauschen. Das Innen und Außen einer gläsernen Skulptur werden gleichzeitig thematisiert. Glas ermöglicht durch seine Transparenz immer eine Vorahnung dessen, was darin und dahinter liegen mag.
Aufgrund zeit- und kostspieliger Herstellungsweisen wird Glas in der zeitgenössischen Kunst selten als Werkstoff genutzt. Fachkundige Handwerker*innen sowie spezialisierte Werkstätten werden benötigt, um mit diesem anspruchsvollen Material umzugehen. Schon geringfügig abweichende Temperaturen beim Schmelzen und Abkühlen können das Glas bersten lassen. Mit Glas zu arbeiten, bedeutet für die Künstler*innen immer auch Zusammenarbeit, um Wissen und Fähigkeiten auszutauschen.
Julius Weiland ist für Skulpturen bekannt geworden, die er sowohl aus industriell gefertigtem, als auch aus mundgeblasenem Glas herstellt. Akkumulationen von einzelnen Elementen ergeben teils durch Verschmelzung neue Formen, die Ihren Ursprung offen in sich tragen und doch zu etwas Neuem werden.
Lena von Goedeke zeigt Abrücke eines Handschuhes in leicht radioaktivem Uranglas. Der gläserne Abdruck ist fragmentiert und erinnert durch Form und Farbe an Gletschereis, mit welchem die Künstlerin während einer Forschungsreise in der Arktis in Kontakt kam.
Carla Guagliardi betont in ihrem Beitrag die Fragilität und Transparenz von Glas. Ein mit Luft gefülltes Rohr wird im Ausstellungsraum teilweise unsichtbar in der Wand verlegt und tritt aus dieser wieder hervor. Sichtbar wird die Luft durch Ballons, die an den offenen Enden die Luft einschließen.
Kristina Bernings massive, abstrakte Skulpturen tragen biomorphe Züge. In streng geometrischen Blöcken werden grabende Bewegungen von Händen sichtbar. Diese erzeugen ein Relief, welches auf eine wuchtige Glasmasse triff.
Sebastian Richter zeigt eine Werkgruppe, dessen Ursprungsform aus Lehm entstand. Diese wurde durch Abformung in Glas übertragen und dabei zerstört. Das Glasobjekt wurde später in Blei übertragen, was wiederum als Vorlage für eine neue Skulptur dient. Jedes Objekt dieser unlimitierten Werkgruppe ist Kunstwerk und Abformungsobjekt in einem.
Die Ausstellung wird kuratiert von Kristina Berning