Zwei Künstler*innen, die die Arbeit des*der Andere*n bereits länger verfolgen, „wert“schätzen und noch nie gemeinsam ausgestellt haben, den Wunsch hierzu aber verspüren, treffen erstmals öffentlich zusammen, um ihre Werke zu präsentieren. Neben Anerkennung für und Neugierde auf die Positionen des*der Andere*n, sind es Analogien und Anknüpfungspunkte zwischen dem eigenen und dem fremden Schaffen, die den künstlerischen Dialog in der Ausstellung vorantreiben sollen.
else Gabriel wurde vom Kunstverein Neukölln e.V für die Ausstellungsreihe „+eins“ eingeladen, eine*n Partner*in zu bestimmen und wählte für diese, zweite Ausgabe der Reihe, Ralf Ziervogel.
else Gabriel ist 1962 in Halberstadt, am nördlichen Ostharzrand unter realsozialistischen Bedingungen auf dem Staatsgebiet der DDR geboren und dort auch aufgewachsen. Der Sender Torfhaus im westlichen Oberharz strahlte weit genug hinter den eisernen Vorhang, dass der grieselige Empfang westdeutscher Fernsehübertragungen für sie bis heute zu den elementaren Bilderfahrungen gehört.
Ralf Ziervogel,1978 in Clausthal-Zellerfeld im Westharz, Zonenrand der kapitalistischen Bundesrepublik geboren, leistete sich hingegen die antizyklische Dekadenz, die beiden zwischen schwerfälliger Unterhaltung und ritualisierter Propaganda schwankenden DDR-Fernsehsender zu verfolgen.
Gabriel und Ziervogel begegneten sich erstmals 1999 – als Nähmaschine und Regenschirm auf dem Seziertisch der HfbK Hamburg. else gab dort damals die Professorin, Ralf den gerade durch die Eignungsprüfung gefallenen Undercover-Studenten.
Seitdem hatte man immer wieder miteinander zu tun, gemeinsam ausgestellt allerdings kaum.
Ralf Ziervogel fertigte bald riesige Zeichnungen, auf denen Armeen zorniger Wesen sich zu von weitem betrachtet mäandernden Arabesken verknäueln. Damit wurde er in zahlreichen Museen
und Institutionen in aller Welt gesichtet. Mittlerweile widmet er sich – u.a. – der Umsetzung eines freitragenden Würfels mit der Kantenlänge von 100 x 100 x 100 m auf dem Tempelhofer Feld.
else Gabriel randomisierte sich mit Fotoperformances zum Familienleben im Wandel der Zeiten und Räume unauffälliger durch die Kunstwelt. Von einer aus den staatstragenden Gräueln offizieller DDR-Malerei resultierenden schweren Malabsorption seit 2018 geheilt, beschäftigt sie sich nunmehr vorwiegend mit einem Klassiker: Ölfarbe auf Leinwand.
Was beide unter dem Titel „no connection„ für den Neuköllner Kunstverein erarbeiten, kann ab 30.09. besichtigt werden.
Text: else Gabriel